Weil erwachsene Menschen einen Großteil ihres Lebens arbeiten, hat der Unternehmensbereich ein großes Potential zum Aufbau mentaler Ressourcen. Dieses Potential bedeutet gleichzeitig eine große Verantwortung.
17% der jährlichen Arbeitsunfähigkeitstage werden durch psychische Erkrankungen verursacht (2020). Und das ist nur der messbare Teil der Realität. Das tatsächliche Ausmaß psychisch bedingter Krankschreibungen könnte deutlich höher sein, denn:
46% der Menschen in Deutschland haben schon mal so getan, als hätten sie eine andere Krankheit, um ihre mentalen Gesundheitsprobleme am Arbeitsplatz geheim zu halten.
Mentale Gesundheit ist oft mit Scham und Stigmatisierung behaftet, deshalb ist es wichtig, dass Unternehmen proaktiv Lösungen zur Prävention anbieten.
Die Verantwortung der mentalen Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz können das Management und die Personalabteilung neben all ihren anderen Aufgaben oft nicht ausreichend erfüllen. 26% der Befragten einer groß angelegten Studie (über 13.000 Teilnehmende in 6 verschiedenen Ländern) gaben als Kündigungsgrund die mangelnde Unterstützung von Gesundheit und Wohlergehen am Arbeitsplatz an (2022). Dabei kommt diese Unterstützung nicht nur den Angestellten und damit der Gesamtgesellschaft zugute, sondern auch den Unternehmen selbst.
Denn: Wenn Mitarbeitende gesund und zufrieden sind, melden sie sich seltener krank, sind leistungsfähiger und bleiben länger im Unternehmen. Damit werden nicht nur signifikant Kosten eingespart, sondern auch die Produktivität gesteigert. Eine Investition, die sich auszahlt!
Risiken für die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz
Zu den Risiken für mentale Gesundheit am Arbeitsplatz gehören laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) u. a. die mangelnde Kontrolle und Mitgestaltung, unklare Rollenverteilung, Unter- oder Überforderung (Pensum, Geschwindigkeit oder Kompetenzen), unzureichende Investition in professionelle Weiterentwicklung, Konflikte zwischen den Bedürfnissen aus Privat- und Arbeitsleben, Diskriminierung und Mobbing sowie ein unzureichendes Level an Unterstützung durch Vorgesetzte oder Kolleginnen und Kollegen.
Die Arbeit ist nicht das Problem
Der Job an sich ist dabei nicht das Problem, Denn: Ein Job gibt Struktur, Gesellschaft, Bestimmung bzw. Sinn, Identität und (finanzielle) Sicherheit – wichtige Ressource für die mentale Gesundheit. Der Verlust dieser Ressourcen durch Arbeitslosigkeit kann das Risiko einer mentalen Gesundheitsstörung deutlich steigern.
Arbeit an sich ist also nicht schlecht, sondern sogar gut für die mentale Gesundheit, sofern sie angemessen ist und einige Kriterien erfüllt. Es gibt effektive Maßnahmen, um den mentalen Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz vorzubeugen sowie die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen und zu fördern.
Wie schaffen wir einen psychisch gesunden Arbeitsplatz?
Ein psychisch gesunder Arbeitsplatz reduziert die Stressoren der Mitarbeitenden und stellt ihnen Ressourcen zur Förderung ihrer Gesundheit und ihres Wohlergehens zur Verfügung. Zu den Merkmalen eines gesunden Arbeitsplatzes gehören die Sinnhaftigkeit der Arbeit, Leadership-Qualität, Einbezug (Befähigung, Mitentscheidung und Autonomie), Anerkennung (z. B. für Beiträge und Leistungen), eine angemessene Work-Life-Balance sowie ausreichend Unterstützung und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.
Der Schutz der mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz kann in verschiedenen Bereichen erfolgen. Die WHO empfiehlt Maßnahmen auf 3 Ebenen.
Durch ein Training für Führungskräfte können mentale Belastungen von Mitarbeitenden besser erkannt und auf diese reagiert werden (z. B. anhand von Fähigkeiten wie offener Kommunikation, aktivem Zuhören und einem besseren Verständnis dafür, wie Stressoren sich auf die mentale Gesundheit auswirken und managebar sind).
Zusätzlich trägt ein Training für Mitarbeitende (allgemein) dazu bei, mentale Gesundheitsthemen am Arbeitsplatz zu entstigmatisieren und das Bewusstsein für psychische Belastung zu stärken. Soziale Ressourcen sind besonders wichtig für das mentale Wohlbefinden. Die persönliche Unterstützung befriedigt unser Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit und Wertschätzung. Sie kann wie ein Stresspuffer wirken und damit unsere psychische Belastung abschwächen. Konkret kann die Unterstützung von Vorgesetzten oder Kolleginnen und Kollegen dabei helfen, die Wahrnehmung von Stressoren zu verändern und Probleme zu lösen. Doch nicht selten können das Management, die HR-Abteilung oder das Team diese wichtige Rolle nicht ausreichend erfüllen, ohne dass ihre eigentliche Arbeit darunter leidet.
Dies unterstreicht die Wichtigkeit von individuellen Interventionen zum gezielten Aufbau von Kompetenzen (z. B. durch psychosoziale Maßnahmen oder die Förderung einer gesunden Freizeitgestaltung). Unternehmen können ihrer Verantwortung gerecht werden, indem sie ihren Mitarbeitenden den Zugang zu geeigneten Ressourcen ermöglichen. Konkret können sie – und einige tun das bereits – den Mitarbeitenden beispielsweise einen qualifizierten Coach an die Hand geben, um ihre mentale Gesundheit und Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten und weiter zu stärken. Neben dem gezielten Training von Fertigkeiten ermöglicht die Zusammenarbeit mit einem Coach auch soziale Unterstützung. Es gibt immer mehr Evidenz dafür, dass die mentale Gesundheitsberatung (sowohl vor Ort als auch online) den Gesundheitszustand von Mitarbeitenden effektiv verbessern und einen signifikanten “return-on-investment” liefern kann. Die Investition in das Wohlbefinden der Mitarbeitenden kommt also auch dem Unternehmenserfolg zugute.
Wichtige Hinweise
Grundlage dieses Artikels sind (zum Zeitpunkt der Erstellung) aktuelle Studien sowie Einschätzungen von Expertinnen und Experten. Der Artikel dient nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung.
Wenn du oder eine angehörige Person von psychischen Leiden oder Suizidgedanken betroffen ist, wende dich für professionelle Hilfe an eine Ärztin / einen Arzt oder an die TelefonSeelsorge® unter der Rufnummer: 08001110111.
Über die Autorin
Jessica Helen Laube ist studierte Politologin und Soziologin sowie ausgebildete Yogalehrerin. Sie kündigte ihren Job als Geschäftsführerin einer Marke in einem aufsteigenden Unternehmen. Der Grund: ihre mentale Gesundheit. Helens Mission bei mellow: Dir dabei zu helfen, rechtzeitig Licht ins Dunkel der mentalen Gesundheit zu bringen und somit deine Persönlichkeits- und Business-Entwicklung nachhaltig zu unterstützen.
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